
NEUE WEGE IN HERAUSFORDERNDEN ZEITEN
WARUM CORONA AUCH EINE CHANCE SEIN KANN
02.06.2020 von Wolfgang Pochlatko
An unserem eigenen Verhalten können wir es täglich beobachten: Veränderungen liegen dem Menschen nicht. Von der Wissenschaft bis hin zur Börse wird es uns bestätigt und auch der Volksmund weiß: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Was gut ist, denn Gewohnheit und Routine sind wesentliche Schlüssel für Qualität, Leistung und Wohlbefinden. Warum die aktuelle Krise dennoch als eine Chance gesehen werden kann, neue Wege in diesen herausfordernden Zeiten zu gehen, zeigen die Methoden des Lean Management.
Wie gehen wir mit Veränderung um?
Ist es uns in der Vergangenheit möglicherweise gelungen, den einen oder anderen Veränderungsimpuls beharrlich auszusitzen, so trifft uns die Corona-Krise nun umso härter. Schließlich werden wir mit Umständen konfrontiert, die wir nicht einfach ignorieren können. Es sind Umstände, denen wir uns stellen müssen. Schnelligkeit in der Veränderung und in der Anpassung an eben diese neuen Umstände entscheiden jetzt vielfach über die Frage nach dem Überleben von Unternehmen. Wer sich darüber hinaus Gedanken über mögliche Chancen in dieser schwierigen Situation macht, geht bereits einen wichtigen Schritt in der Gestaltung seiner unternehmerischen Zukunft.
Veränderung im Sinne von Lean Management
Nach den Prinzipien des Lean Management folgt Veränderung immer drei grundlegenden Schritten, die jeweils aufeinander aufbauen.
#1 Positionsbestimmung – Wo stehen wir jetzt?
Mit der Positionsbestimmung erfolgt eine Analyse der aktuellen Situation. Mit dem Ziel, die unterschiedlichen Handlungsfelder herauszuarbeiten, wird für alle Beteiligten klar sichtbar, woran gearbeitet werden muss. Jedes Handlungsfeld stellt dabei eine Chance für Verbesserung dar.
Die durch Corona bedingten Handlungsfelder sind vielschichtig. Sie basieren auf bestehenden Regeln des Gesetzgebers, für deren Anwendung in diesem Umfang jedoch noch keine realen Erfahrungen existieren. Die Schwerpunkte betreffen:
- Die Regelung grundsätzlicher Unternehmensbelange – Lock down, Betrieb mit Einschränkung, Veränderung der Kundenbedarfe, Verfügbarkeit von Lieferbedarfen
- Die Eindämmung von Mobilität – Reisen, Übernachtung, Logistik, Messen, Einkauf, Inland/Ausland
- Die Regulierung von Zusammenarbeit – Hygiene, Abstand, Schutzausrüstung und Schutzmaßnahmen, Belegungsdichte, Meetings
- Das Management der Situation – Kontrolle, Dokumentation, Information, Qualifizierung, Planung, Entscheidung
Der Einfluss auf die Organisation industrieller Arbeit ist weitreichend und sehr viele Menschen haben in den letzten Wochen die Erfahrung gemacht, im Umsetzungsprozess Prioritäten setzen zu müssen.
#2 Zielzustand – Wo müssen wir als Nächstes sein?
Dabei hilft es frühzeitig einen Zielzustand zu formulieren, also einen konzeptionellen Ansatz, der schnellstens realisiert werden muss, mit dem Fokus:
- Das Arbeitssystem aufrechtzuerhalten
- Seine Leistungsfähigkeit zu erhalten
- Vorsorge für die Menschen im Arbeitssystem sowie seine Kunden und Lieferanten zu tragen – durch die Anpssung der Arbeitssysteme
- Veränderte gesetzliche Auflagen zu erfüllen
Die Rahmenbedingungen des Gesetzgebers in Bezug auf betriebliche Abläufe (SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard) geben uns Hinweise auf die praktische Umsetzung:
- Ausreichende Lüftung und Weiterbetrieb von Raumlufttechnischen Anlagen (RLT)
- An den Arbeitsplätzen und im gesamten Bewegungsraum der Mensche:
- Keine Personen mit Symptomen am Arbeitsplatz
- Mitarbeiter im Abstand von mindestens 1,5 m
- Und wenn Mitarbeiter Abstand < 1,5 m
- Mund-Nase-Bedeckungen
- Transparente Abtrennungen der Arbeitsplätze
- Stehflächen markieren: Zeiterfassung, Kantine, Werkzeug- und Materialausgabe, Aufzüge
- Werkzeuge und Arbeitsmittel personenbezogen verwenden
- Wo nicht möglich: regelmäßige Reinigung oder Tragen von Schutzhandschuhe
- In den Bereichen Sanitär, Kantine und Pausenräum:
- Händereinigung mit Flüssigseife und Handtuchspender
- Ausreichende Reinigung und Hygiene vorsehen
- Reinigungsintervalle anpassen
- Regelmäßiges Reinigen von Türklinken und Handläufen
- Reduzierung von Kontaktmöglichkeiten durch Organisationsregeln der Arbeitszeit- und Pausengestaltung:
- Belegungsdichte verringern durch versetzte Arbeits- und Pausenzeiten, ggf. Schichtbetrieb
- Dieselben Personen zu gemeinsamen Schichten einteilen
- Abstand, zeitliche Trennung bei Zeiterfassung, Umkleideräume, Waschräume, Duschen
- Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Arbeitsbekleidung regelmäßig wechseln und reinigen
- Trennen von der Alltagskleidung und Umkleiden wenn möglich im eigenen Zuhause
#3 Umsetzung – Überwinden der Hindernisse auf dem Weg zum Zielzustand (PDCA)
Mit diesen Zielformulierungen können jetzt in den unterschiedlichen Produktionsbereichen entsprechende Teams mit der Umsetzung beauftragt werden. Diese gehen mit dem PDCA-Zyklus ebenfalls methodisch in der Umsetzung vor und werden dabei von ihren Führungskräften eng betreut.
- Dabei werden im „Plan“ die Hindernisse gesammelt, die ein Problem zur Zielerreichung darstellen
- Im „Do“ sucht sich das Team einen Themenschwerpunkt aus dem „Plan“ aus, den es jetzt bearbeiten und lösen will und entwickelt entsprechende Verbesserungsmaßnahmen
- Nach einem Abstimmungsgespräch mit der Führungskraft über diesen nächsten Schritt, erfolgt die Umsetzung der Maßnahme und seine Erfolgskontrolle im Rahmen des „Check“
- Alle Maßnahmen, die sich als geeignet erwiesen haben, werden im „Act“ festgehalten und in den Standard übernommen
Dieses visualisierte Know-how der optimierten Arbeitsplätz wird allen Mitarbeiter, die dort arbeiten sollen, vermittelt. Es bildet nun die Grundlage für eine regelmäßige Prozessbestätigung durch die Führungskräfte, die für die Einhaltung der geänderten Arbeitsabläufe verantwortlich sind.
Eine bewährte Praxis im Lean Management
Das methodische Vorgehen hat sich über Jahrzehnte im Lean Management bewährt und führt in Kombination von Methodenwissen, einem klaren roten Faden in der Abfolge sowie durch eine planmäßige Einbindung und Führung der Mitarbeiter aller Ebenen zu schnellen Erfolgen. Dass dieses Wissen auch in der Corona-Krise nutzt, wissen alle, die seit Jahren auf Lean Management bauen.